Er hat etwas zauberhaftes, dieser Anfangsmoment: vorne zu stehen, alle Blicke auf sich versammelt, noch einmal kurz innehalten, um dann den ersten Satz in die gespannte Stille zu sprechen. Viele meiner Reden habe ich von der Eröffnung her entwickelt, die dann etwas ganz Besonderes war: ein griffiges Zitat, eine kurze szenische Darstellung, einmal sogar ein Lied.

Mit solch einem dramatischen Einstieg wird eine der wichtigsten Funktionen der Eröffnung erfüllt: Aufmerksamkeit und Interesse zu wecken. Die Eröffnung hat aber noch weitere Funktionen: Es ist die erste Gelegenheit, mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen. Außerdem ist es gleich am Anfang wichtig, Orientierung zu bieten, damit das Publikum sich nicht wegen unklarer Rahmenbedingungen unwohl fühlt. Insgesamt sollte die Eröffnung nur einen kleinen Anteil der Redezeit einnehmen, denn sie ist doch nicht die Hauptsache.

Es lohnt sich, diese Funktionen noch etwas auszuführen:

Funktion 1: Aufmerksamkeit und Interesse wecken

Das gelingt, wenn vor allem anderen, vor Begrüßung und organisatorischen Erläuterungen, erstmal ein Knüller kommt. Neben den oben genannten bieten sich noch eine provokante These, eine frappierende Statistik oder ein Witz an. Wichtig ist dabei, dass der Aufmacher auch zur Botschaft passt, sonst verwirrt er das Publikum eher oder schürt womöglich falsche Erwartungen, die dann enttäuscht werden.

Funktion 2: Kontakt aufnehmen

Gerade bei fremdem Publikum können eine einfache Begrüßung – „Liebes Brautpaar, liebe Festgemeinde,…“ – und ein warmer Blick in die Runde schon viel bewirken. Wunderbar sind Redner, die etwas Komisches an der gemeinsamen Situation ansprechen und dadurch eine Verbindung zum Publikum aufbauen. Eine andere Möglichkeit sind Fragen, deren Antworten man im Verlauf der Rede nutzen kann, z.B. „Wer ist dein Lieblingsheld?“ bei einer Rede über Helden. Auch Fragen, die nicht laut beantwortet werden oder die Aufforderung sich etwas vorzustellen („Stell Dir vor, Du bist am Meer, heißer Sand unter Deinen nackten Füßen…“) bewirken eine Reaktion des Publikums und stellen dadurch Kontakt her. Gleichzeitig wird das Publikum aktiviert und Funktion 1 erfüllt: Aufmerksamkeit und Interesse wecken.

Funktion 3: Das Publikum orientieren und einstimmen

Einmal habe ich eine Geschichte erzählt und gleich mit der ersten dramatischen Szene begonnen.  Die war aber nicht leicht verständlich und außerdem war es bei der Veranstaltung ungewöhnlich, eine Geschichte zu erzählen. Das anschließende Feedback zeigte, dass die Zuhörer irritiert waren. Hier fehlten bei der Eröffnung Orientierung und Einstimmung. Besser gewesen wäre etwas in der Art: „Ich möchte Euch heute eine Geschichte erzählen, eine Geschichte über …“ Wenn man nicht auf den dramatischen Einstieg verzichten will, kann die Orientierung des Publikums auch gleich danach erfolgen oder durch jemanden, der die Rednerin einführt.

Mit den verschiedenen Elementen einer Eröffnung kann man nun spielen und je nach Situation unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Varianten sind:

  • Knüllerzitat – Begrüßung – Orientierung über Ziel der Rede
  • Begrüßung – Hauptthese – Orientierung über Struktur
  • Situationskomik – Begrüßung – Orientierung über Thema

Wichtig ist, dass die Eröffnung alle drei Funktionen erfüllt. Dann wird das Publikum aufmerksam und interessiert lauschen, sich persönlich angesprochen fühlen und optimal eingestimmt sein.